Jeannot Simmen

Bücher und Medien
Projekte Büro Simmen

Arwed Messmer und Annet Gröschner

DIE FRÜHE BERLINER MAUER (Foto-Ausstellung)

KulturTermin 26.8.2011, Unter den Linden

Berlins hässlichstes Bauwerk und ahumane Bollwerk, wurde seit Anbeginn vom Osten aus fotografiert. Diese Aufnahmen der DDR-Grenztruppen dienten der Übersicht und Zweck-Optimierung. Sie ergeben heute einen besonderes eines totalitäres Machwerkes und bieten einen Blick ‘nach Drüben’, auf den Westen, der hinter der Mauer lag.

Die Aufnahmen der gesamten Berliner Mauer fanden sich in einem Karton, gefunden nach dem Untergang des kurzlebigen deutschen Bauern- und Arbeiterstaates. Arwed Messmer überarbeitete gut 1500 Filme und schuf daraus ein meterlanges fotografisches Stadt-Panorama von realen 40 Kilometern Irr- und Wahnsinn.

Man muss diesen fotografischen Parcour abschreiten von Pankow bis Köpenick; die Aufnahmen sind zu einem mäandrierenden Umgang arrangiert. Hinterher bleibt nicht nur ein Unbehagen. Mehr: Ein muffiges Grausen tief Innen über eine ahumane Realität, geschaffen von ängstlichen Funktionären. Zwei besondere Abteilungen dokumentieren die “Republikfluchten” und die Kontrolle der Grenzschützer: Überwachung der Überwacher: Absurdistan auf Deutsch.

Grosser Dank an die beiden Kuratoren, dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte aufgearbeitet zu haben – und uns interessant präsentiert zu haben. Ein Katalog hält das Vergangene für Interessenten fest (http://www.aus-anderer-sicht.de/), mit vielen Bildern. Man muss dieses Gebilde ansehen und vergessen – da nicht begreifbar und unverständlich !

Jeannot Simmen

Aufnahme: Petra Dahmen

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Jan Sobottka und Jeannot Simmen Photographien und Berlin-Buch - Restaurant Manzini

KulturTermin 9.11.2011 mit Umtrunk

Irgendwann vor Jahren, ab 2004 war Jan Sobottka nicht zu übersehen – so Jeannot Simmen einleitend. Sobottka war zugegen bei allen Kunst-Eröffnungen und bei jeder Kultur-Veranstaltung. Stets ‘bewaffnet’ mit einer Kamera: Ein freiwilliger Einsatz, weder beauftragt von einer Zeitung, noch von einer Bildagentur.

In gut sieben Jahren entstand mit diesem Ein-Mann-Unternehmen ein Archiv über Berliner Kunst und Künstler von gut 25’000 Bildern. Alles präsentiert auf seinen Webseiten “ www.catonbed.de “ mit gut 100’000 Besuchern und noch mehr Klick-Klicks. Das ergibt Millionen von Voyeuren, die Bekannte und weniger Bekannte sich genüsslich ansehen.

Jan Sobottka fotografiert die Protagonisten im Kunst-Kultur-Kontext, zeigt nicht das Kunstwerk, sondern das Drumherum im Kunst-Zirkus. Und alle lassen sich gerne konterfeien. Leben wir in einer feinen Gesellschaft von Selbst-Darstellern und Exhibitionisten ?

Was wir sehen – so anschliessend sein Galerist Carpentier -, das sind minimal inszenierte Bilder. Personen werden etwas in den Lichtkegel gestellt oder gebeten den Kopf leicht zu drehen. Diese minimalen Eingriffe schaffen Bilder von hoher Unmittelbarkeit – das ist das Besondere an der Fotografie von Jan Sobottka.

Jeannot Simmen liest anschliessend aus seinem Berlin-Heimat-Buch (www.Berlin-2010.eu) zwei, drei Passagen (5-Minuten-Lesung). Erinnert an das alte WestBerlin mit all den Irren und Sonderlingen; im zweiten Teil umreißt Simmen das Neue am neuen Gesamtberlin. Buchtitel: Vom Narrenhaus WestBerlin zur Kultur-Metropole Europas. Nachbericht vom Kunstkontakter:

http://www.berlinerkunstkontakter.de/flash/2011/kw4511/simmen_sobottka08112011.htm

Mehr: http://www.club-bel-etage.de/kategorie/Buecher/

Aufnahmen: Jan Sobottka, http://www.catonbed.de

Mehr: http://www.catonbed.de/link/was.html

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Pergamon-Panorama (Museumsinsel) - Rundgang und Gespräch mit Yadegar Asisi (Künstler, Architekt, Investor)

KulturTermin 3.11.2011

Vor Berlins Pergamon-Museum liegt “Pergamon”, eine Landschaft mit römischen Zweckbauten und herrlichen griechischen Tempel-Anlagen auf den Felsen. Es ist der 8. April 192 n.Chr., der erste Tag der Dionysien, der dreitägigen Feier zu Ehren des Gottes von Ekstase und Rausch, mit vielen Musikanten und Festzügen, mit Dithryamben-Chören und grossen Opfer-Prozessionen.

Für ein Jahr steht vor dem Pergamon-Museum das von Yadergar Asisi gezeichnete und gemalte, geplante und realisierte Panorama-Illusions-Theater, das einen Tag und eine Nacht mit einer urbanen Geräusch-Kulisse samt Musik veranschaulicht. Lebendig wird die vergangene Antike. Gezeigt der festliche Kosmos einer vergangenen Zeit.

Pergamon war schönste Stadt der hellenistischen Antike: Am 8.4.192 besuchte Kaiser Hadrian die Stadt, unterwegs auf einer Inspektionsreise. Wir schauen von gut 20 Meter Höhe auf die Zeremonien, stehen auf einem Podest, blicken auf eine 360-Grad-Leinwand von 2472 Quadratmetern gemalter Stadt-Landschaft. Wir sehen die Fest-Vorbereitungen mit hunderten von Zuschauern und Darstellern auf insgesamt 24×103 Metern (HxB).

Bei den Vorbereitungen rekonstruierte Asisi mit den Wissenschaftlern der Antiken-Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin den Pergamon-Fries, ergänzte zeichnerisch die verlorenen Passagen und fasste die Darstellung in Farbe. Unbedingt die neue Ausstellung im Museum ansehen, den Katalog erwerben (ISBN 978-3-00-03344-4)

Das Auge wird geführt und verführt … der Club Bel Etage besucht mit edler Gästeschar … Yadegar Asisi begeistert charmant und überzeugend diese Illusion, die uns ins zweite Jahrhundert beamt.

Jeannot Simmen

Photographien: Frauke Bergemann und Anna Simmen

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SOMMERFEST CLUB BEL ETAGE 2011

PAVILLON VOM BRANDENBURGISCHEN KUNSTVEREIN POTSDAM, FREUNDSCHAFTS-INSEL, AUSSTELLUNG „ALIEN“ DER SAMMLUNG JOCHEN KIENZLE BERLIN

SommerFest für Mitglieder und Referenten, 3. Juli 2011

Begrüssung von Jeannot Simmen
Freue mich, Sie alle hier auf der „Freundschaftsinsel“ in Potsdam zu begrüßen. Dieser Name stammt nicht aus jüngst vergangener DDR-Geschichte. Viel älter: auf dieser Insel stand im 19. Jahrhundert ein Gasthaus mit diesem Namen. „Freundschaft“, ein wunderbarer Auftakt für unseren Club, eine grüne Oase, gestaltet vom Stauden-Gärtner Karl Foerster (1874-1970).
Wir feiern zum dritten Mal unser Sommerfest in Potsdam, dem königlichen Juwel vor Berlin. Vor fünf Jahren, 2006 führte uns Prof. Dorgerloh, Direktor von Schlösser und Gärten, durch den frisch-renovierten Marmorpalais, einem frühklassizistischen Bau für Friedrich Wilhelm II, danach waren wir Gast im Hause von Stefan und Astrid Hain. 2010 besuchten wir Alexandrowska, die Russen-Kolonie mit den traditionellen Holzblock-Häusern. Unser Mitglied Dr. Kremer fördert mäzenatisch diesen Ort und renovierte ein Haus, das heute über die Geschichte dieses Landgutes informiert und ein kleines, feines Museum beherbergt, wo damals war die interessante Ausstellung „Fürstliche Mütter und Töchter“ zu sehen. Zusätzlich ein vom Gartenarchitekten Lenée gestalteter Obstgarten … und Deutschland gewann im (Herren-!) Fussball gegen England.

Heurig das SommerFest 2011:
– im Pavillon vom Brandenburgischen Kunstverein Potsdam mit der Ausstellung „Alien“, ich begrüsse Gerrit Gohlke, den Kurator der Ausstellung und Leiter vom Kunstverein.
– Freue mich, dass Jochen Kienzle dabei ist, Gründer der Kienzle Art Foundation Berlin, gemeinsam haben wir für Heute eingeladen. Seine Sammlung ist Leihgeber dieser pfiffig-intelligenten Ausstellung – darüber mehr samt Rundgang im Anschluss.

Aufnahmen: Petra Dahmen, Berlin

Berlin – mon amour mit Dornen
Liebe Freunde – kommt man wie jüngst aus Venedig, von der Biennale die Venezia zurück nach Berlin, dann ist man von der lieblosen Architektur, den schnöden, erdenschweren Wohnbau-Klötzen irritiert, geradezu erschüttert … und fragt sich (abgesehen vom nordisch-kalten, regnerischen Klima): Warum man … Warum wir alle hier in Berlin wohnen, gerne hier leben? Warum der Zuzug nach Berlin, die Attraktion dieser Stadt anhaltend ist, besonders für sensible Künstlerinnen und Künstler.
Die „Liebe auf den ersten Blick“ zu Berlin, das kennt wohl keiner. Zu diesem amorphen Steinhaufen, Konglomerat von verstädterten Dörfern mit viel Grün dazwischen entwickelt sich eine Zuneigung voller Ambivalenz. „Das Steinerne Berlin“ (Werner Hegemann) wird zum „verdammt-geliebten Moloch“, diese ewig-scheiternde Stadt, die sich stets aufrappelt wie Phönix aus der Asche. Berlin kennt als Lebens-Elixier ein fortgesetztes Straucheln, ein Scheitern um zu Überleben, Katastrophen als Überlebens-Strategie. Mehr dazu, meine Berlin-Verehrung, mein Liebes-Hass zu Berlin finden sich ausführlich in meinem Berlin-Buch „Vom Narrenhaus WestBerlin zur Kunst-Metropole Europas“.

Aufnahmen: Petra Dahmen, Berlin

Rot war Thema und Farbe beim letzten Fest in der Russenkolonie letztes Jahr: Jetzt BLAU. Das fiel ja mit radikal-realistischer Drastik vom weiten Himmels-Blau ins Wasser von Oben. Ein so durchgehender Dauerregen wie in den letzten Tagen, das ist rekordverdächtig! Vielleicht lag dies daran, dass viele die Idee Blau mit was gar Feuchtem assoziierten. Uns erreichten gewitzte Emails auf unsere Einladung:
– „Heute blau, morgen blau und übermorgen wieder.“ (DD)
– Blau: von Innen oder nur Außen herum.“ (F.B.)
– „Ich will auch Blau machen – Hicks“ (An. T.)

Wir machen keine Außen-Werbung, preisen uns nicht im Straßenbild oder in Anzeigen an … aber empfehlen Sie uns weiter an Ihre Freunde – schön, wenn wir weiter wachsen und zahlreicher werden im expandierenden Berlin.
Ich danke dem Vorstand, besonders Stefan Hain für seine tatkräftige Beratung (Blumen) und vor allem Petra Dahmen (Blumen, Applaus) für Ihre große Hilfe (Applaus, Blumen).

Viel Vergnügen
++Jeannot Simmen++

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Danach erläuterte Gerrit Gohlke die Ausstellungs-Idee und die intelligente Realisierung. Die Bilder hängen auf der einen Seite von schmalen Panelen. Auf der Rückseite dieser finden sich Texte, die nicht erläutern und pädagogisch erklären, sondern Fragen aus dem Umfeld der Bilder stellen.
Jochen Kienzle stellte sein Sammler-Konzept vor und seine Idee. Mehr über die Aktivitäten in Berlin auf den Webseiten.

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KLAUS WAGENBACH UND SUSANNE MÜLLER-WOLFF (WAGENBACH VERLAG):

Giorgio Vasari (1511-1574) – Maler Architekt, Schriftsteller – Begründer der Europäischen Kunstgeschichte … Erfinder unglaublicher Geschichten

Gabeln im Kaisersaal, 23. Juni 2011

Zur 500sten Wiederkehr der Geburt Giorgio Vasaris ist der Berliner Verleger Klaus Wagenbach Gast unserer Gabelei. Sein persönlicher Vortrag schildert uns nicht nur die wechselvolle Geschichte des Verlages, sein verlegerisches und wissenschaftliches Engagement für Franz Kafka, Ulrike Meinhof und viele andere, sondern zugleich erfahren wir etwas über den Kunsthistoriker Harald Keller, Wagenbachs Lehrer. Dieser verstand es, die nachhaltige Begeisterung Klaus Wagenbachs für die italienische Kunst zu wecken.


Gabeln im Kaisersaal: kulinarisch, gesellschaftlich, kommunikativ
Aufnahme/Copyright: Jan Sobottka, catonbed.de.

Als treuer Weggefährte durch die Renaissance-Malerei diente früh die Lektüre von Vasaris Viten: 1550 und in vermehrter Auflage 1568 erschienen. Vasari – so erfahren wir – war ein früher Netzwerker. Seine Lebensbeschreibungen der Renaissance-Künstler konnten sich auf ein enges Netz von eigenen Beobachtungen und von Freunden zugetragene Informationen stützen. Die Nähe zum Hause Medici, immer wieder Auftraggeber Vasaris, war hilfreich.

Die frühe Beschäftigung und Leidenschaft für die italienische Renaissance-Malerei ließ Klaus Wagenbach keinen Moment zögern, als ihm die Neuherausgabe der Übersetzung der Viten Vasaris angetragen wurde. Und wider jede Wahrscheinlichkeit ist das für einen kleinen Verlag zunächst utopische Projekt gediehen: von 41 vorgesehenen Bänden sind 33 planmäßig erschienen. Eine verlegerische Leistung die nicht nur Italiener bewundern müssen … am Abend beim Empfang in der italienischen Botschaft.

Wir freuen uns auf den Abschluss der Edition und wünschen Klaus Wagenbach gutes Gelingen!

Stefan Hain

EINFÜHRUNG / REDE FÜR KLAUS WAGENBACH (Auszug)
eine kleine Ode auf einen mutigen Verleger (Jeannot Simmen)

Grosses Interesse viele Gäste bei diesem Gabeln für einen feinen-kleinen, aber unabhängig-kritischenen Verlag, einen kämpferischen und edel-genussreichen: für den Wagenbach-Verlag, für Klaus Wagenbach. Nicht allein die Vielfalt seiner Interessen und seiner Tätigkeiten ist interessant: Mehr: Klaus Wagenbachs politische Haltung, seine Zivil-Courage, sein mutiges Eintreten gegen Staatsgewalt.

Klaus Wagenbach ist der deutsche Ai Wei Wei der 80er Jahre (Applaus!). Einer, der gegen die mafiöse Kunkelei von Polizei und Justiz, von Staatsanwälten und der Springer-Presse agierte. Damals wurde der Wagenbach-Verlag als „Baader-Meinhoff-Verlag diffamiert und zum Abschuss freigegeben.


Klaus Wagenbach (Verleger) Lunchspeaker bei Club Bel Etage, Berlin
Aufnahme/Copyright: Jan Sobottka, catonbed.de.

Berlin 1971, vor 40 Jahren war Berlin eine frostige Frontstadt, der Anti-Kommunismus galt als alleinselig machende Existenz-Legitimation, war Landes-Ideologie. Damals erschien das Buch „Bambule“ von Ulrike Meinhoff über Trebergängerinnen, geschrieben von einer klugen Autorin und der damals führenden Kritikerin. Oder der „Rote Kalender“, ein Büchlein für aufgeweckte Lehrlinge, mit Tipps gegen Lehrmeister-Willkür. Es hagelte Anklagen, nebulöse Anschuldigungen und infame Verdächtigungen. Die populistische Presse in der Kochstrasse samt CDU-Politiker, Staatsapparat kochten, versuchten Klaus Wagenbach selbst zu vernichten, den Verlag ökonomisch. Mit 50 Polizisten (MP bewafnet) wurden die bescheiden großen Verlagsräume, die Druckereien durchsucht. Durchaus erfolgreich: Drucker druckten nicht mehr für Wagenbach nach Polizei-Einsätzen; Buchhandlungen bestellten nichts mehr wegen Buch-Beschlagnahmungen mit Polizeiaufgebot in ihren Läden. Berlin war ein Irrenhaus, trunken und berauscht mit dem Gesöff Anti-Kommunismus. Lesen Sie nach im Buch: Klaus Wagenbach, Die Freiheit des Verlegers, Erinnerungen, Festreden, Seitenhiebe (Wagenbach 2010, passim und S. 338f.).

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Die drei wichtigen Lehrer von Wagenbach waren:

• Der Herstellungsleiter im S. Fischer-Verlag, der die Feinheiten eines schönen Buches kannte … und davon sind ja mittlerweile mehr als 3000 Schöne bei Wagenbach erschienen.

• Harald Keller, Prof. für Kunstgeschichte in Frankfurt/M, ein Kenner italienischer Kunst und Kultur, der kundige Liebhaber französischer Gotik.

• Die Gruppe 47, die Schriftstellertruppe, wo Wagenbach sich als junger Mann ‚einschlich’, damals als Sohn von Hans Mayer galt oder gar von Ingeborg Bachmann.

Politik, Kunst, Literatur als Forscher und Publizist, als neugieriger und großer, als ein standhafter Vermittler – Lieber Klaus Wagenbach: Chapeau! Wir freuen uns.

Und jetzt finalmente sind wir beim Beginn, bei Giorgio Vasari: Gegrüßt sei Frau Dr. Müller-Wolff, seit 2009 Lektorin für italienische Literatur und Kunstgeschichte bei Wagenbach sie studierte …, arbeitete … ist heute die Verantwortliche für diese Edition. ...

Jeannot Simmen

Anschließend sprach Klaus Wagenbach, danach Frau Müller-Wolff.

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