Jeannot Simmen

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Richard Wagner / Pierre Boulez, Konzert Philharmonie, Bamberger Symphoniker und Bayerische Staatsphilharmonie

(19. Sept. 2010)

Das “10. musik fest berlin” arrangiert Musik des 19. Jahrhundert mit Avantgarde-Kompositionen des Zwanzigsten. Wagner / Boulez an diesem Abend, unter der Leitung des genial-jungen Dirigenten Jonathan Nott. Richard Wagners “Siegfried-Idyll” (1870) klang wunderbar, ein Klangstrauss von etwas verwelktem Charme.

Danach 70 Minuten Pierre Boulez vom Feinsten: “Pli selon pli” (1957/89), ein Porträt auf den grossen Dichters Malarmé in fünf Teilen. Es begann mit einem musikalischen Donner und endete damit: Dazwischen musikalisch ein Leben von der Geburt bis zum Grab. Mallarmés dunkel-ästhetische Sonette wurden zu Musik, jede Silbe zum Klang, jedes Wort zur Tonfolge – das Gedicht von Boulez harmonisch aufgehoben, kongenial musikalisch sublimiert.

Habakuk Traber, der wunderbare Interpret sprach in der Einführung davon, dass jeder Zuhörer verändert nach diesen siebzig Minuten Musik sei, ein Anderer danach. Man war skeptisch – danach betroffen. Alles durch Klänge, die fern von einem aufwühlenden Appell, ohne Pathos, nüchtern, beinah analytisch den Zuschauer mit aller Musikalisch möglichen Wucht treffen. Vor allem das letzte Stück “Tombeau” irritiert den Zuhörer, dass er widersprüchlich “Amen” und “Halleluja” empfindet, Golgatha und lema sabachtani.

Yeree Suh war die grossartige, zarte Sängerin, die die schwierigen Partien mit einem wunderbaren Timbre erklingen liess. Der stürmische Applaus mit vielen “Bravo” war angemessen … schade allein, dass die grosse Philharmonie an diesem Abend ganz ganz schlecht besucht war. Was für ein Verlust für all jene, die nicht diesen Parnass erleben durften.

Jeannot Simmen

P.S. Interessant. die Kritik vom geschätzten Clemens Goldberg im rbb-kultur:
http://www.daskulturradio.de/rezensionen/buehne/2010/musikfest_fazit.html.