Jeannot Simmen

Bücher und Medien
Projekte Büro Simmen

München: Matthew Barney, Max Beckmann, Anish Kapoor und Parmigianino

23.01.2008

Als Matthew BARNEY-Verehrer muss ich dahin: Ingvild Goetz zeigt Ihre Sammlung, zeigt privat im eigenen Museum, einem Bau von Herzog/Demeuron. Der Bau Innen top und kunstpräsentativ, Aussen vielleicht etwas in die Jahre gekommen, gealtert ohne …

Vorzüglich präsentiert werden alle CREMASTER-Filme (C.= mediz. Hodenheber). Vorführung auf mehreren Monitoren, die kreisförmig angeordnet, darunter Devotionalien der gefilmten Aktionen. Gleichzeitig können zwei Bildschirme beobachtet werden, man schaut mal konzentrierter auf den einen, dann den anderen. Attrahiert durch Barneys konsequente Auslotung des Sexuellen phantastischen Vorstellungen, samt Beharren auf einem! Im oberen Stock werden Zeichnungen, Fotografien ausgestellt, von subtiler Qualität, sensibel wie ein Joseph BEUYS, glücklicherweise ohne menschheitsbeglückende Nettigkeiten.

Max BECKMANN im Neubau von Stefan Braunfels hat es leicht nicht, die architektonische Anmutung ist von herber Nüchternheit. Beckmanns Bilder der Amsterdamer Exiljahre irritieren, fern von Deutschland lebt M.B. auf Zwischenstatiion zum Exil New York- Dennoch Heiterkeit und Melancholie. Stets alle Werke erstaunen: überraschend ‘frisch’, aktuell und nicht historisch-abgehangen. Mit trockener Ölfarbe wird eine glänzend-speckige Faktur vermieden. Erstaunlich dieser Titan Beckmann, er malt Bilder voller Leben und scheinbar unbeschwert, wohlwissend der dunklen Zeit und durchaus kritisch ohne in vordergründige, direkte Aufklärung und deutsch-deutliche Belehrung zu verfallen – wie viele damals politisierte Maler, deren Werke visuell verfallen. Beckmanns Grandezza ist die ferne Nähe zur Realität, Kunst als vielfache Konnotation, vermittelt durch Antike und Zirkuswelt. Viel Selbst-Gespräch, Erinnerung an meine Beckmann-Exegesen (siehe: www.club-bel-etage.de/books/26/B_Vertigo.jpg).

Anish KAPOOR (Haus der Kunst) enttäuscht. Die umfassende Retrospektive wirkt aufgeblasen. Alte Ideen riesengross, die Ergebnisse sind kinderamüsant: Zerrspiegel mit vielen Rundungen, Trome l’oeil-Effekte (bis auf die irritierende Wunde in der Wand). Die Räume überforderten den Künstler, einst Meister abgründiger visueller Persiflagen von Innen/Aussen.

PARMIGIANINO in der Alten Pinakothek lohnt weiteste Anfahrten. “Madonna” oder “Maria mit Kind und Mönch”, zeigen kleinformatig den ‘wiedergeborenen’ Raffael. Vom Feinsten: porzellanartige Figürchen mit makellos-glänzender Haut von zartester Marshmallow-Weichheit und Süsse und anschmiegender Wärme. Parmigianino (1503-1540) war der Meister im Paradigmawechsel zur Hochrenaissance. Er überinterpretiert sphärisch und hochätherisch. Manierismus, die unserer Zeit so nahe! Gelängte Figuren von anmutiger Liebe und zarter Schönheit. Ergänzt werden die Werke durch Papierarbeiten, Druckkunst aus der Sammlung vom Künstler Georg Baselitz. Respekt dem Sammler … Letztes Jahr überraschte er mit seiner Afrika-Sammlung !