Biedermann, kein Brandstifter - die Documenta 12
19.06.2007Regen und lastende Schwüle, das politisch-korrekte Fest “für alle Bürger von Kassel” auf dem Platz vor dem Schloss Wilhelmshöhe wird ein Debakel, feuchte Mixtur von Wind und Wasser. Schade.
Traurig und verdrossen sind die Preview-Gäste. Diese grössste und wichtigste Ausstellung der Welt bietet eine Ansammlung divergenter und willkürlich platzierter Kunstwerke. Global eingesammelt und in düster gehaltenen Räumen hingestellt. Lieblos … aber alles recht schlau verpackt und schlitzohrig mit Ironie ‘verkauft’.
Keine Galeriekunst … na ja, etwas weniger als sonst … das ist zu loben, doch wen interessieren, wenn er nach Kassel fährt all die verstreut angeordneten Werke älterer Kunst. Von Künstlern wie Lee Lozano (1930-99) oder John Mc Cracken (*1934). Besonders wenn Lozano vor einem Jahr in Wien und Mc Cracken vor zwei Jahren in einer Ausstellung von Jan Hoet gezeigt wurden! Werke (eingestreut) von vergangenen Künstlern, statt Überblick über die aktuelle Kunst, das ist der 1. Streich vom Anti-Kuratoren-Team Roger Bürgel und Ruth Noack!
Bürgel/Noack wollen gar nicht das Aktuelle durchforsten oder gar noch ästhetisch bewerten. Sie begeben sich auf weitschweifige Touren und sammeln global nette Hausmannskost ein. Ihre Reisen führten überall hin, wenig ins Zentrum der Kunst und Künstler in Europa.
Bürgel/Noack haben ihre Meriten als Kunstkritiker und kennen pfiffige Sprüche, wie “die Ausstellung hat keine Form” (Katalog). Das Ganze flockt locker, wirkt aber angestrengt belehrend. Das Politische und Politisch Korrekte, das Gutmenschliche erläutert der Katalog … weniger das Werk oder die Inszenierung der Werke durch die Kuratoren.
Leider fehlt der zündende Funke, der die Werke auch auf abstruseste Art amalgamieren könnte. Bei der documenta 12 verbleiben die Kunstwerke desolat, aneinandergereiht. Alles stark politisch. Aber: Jede politische Handlung benötigt eine “UTOPIE”, ein imaginäres, strategisches Fernziel.
Bei Bürgel/Noack fehlt da was. Die Haltung erschöpft sich taktisch in einem Anti und Anders Machen und im Mitleid für die Armen und Entrechteten, im nett Didaktischen.
MK + MMK = Super! (Mario Kramer + Museum für Moderne Kunst in Ff/M Gablen mit Prof. Dr. Dr. Christoph MARKSCHIES, Präsident der Humboldt Universität Berlin