Harald Schumann: Der Stille Staatsstreich / Wie die Finanz-Industrie die Demokratie untergräbt und: Was wir dagegen tun können
Gabeln, 24. Februar 2011
Referent unserer 79. Gabelei war der angesehene und leidenschaftliche Tagesspiegel-Redakteur Harald Schumann; sein Thema lässt aufhorchen: Der Stille Staatsstreich der Finanz-Industrie oder wie die Finanz-AG die Demokratie aushebelt.
Aufnahmen: Petra Dahmen
Die präzise Darstellung auch nur weniger Fallbeispiele (wie Sturz und Rettung der IKB) macht deutlich: Wo das Prinzip “to-big-to-fail” herrscht, werden für das Funktionieren der Marktwirtschaft – und erst recht der sozialen Marktwirtschaft – essentielle Gesetze verletzt. Nicht mehr diejenigen, die bewusst Risiken eingehen, tragen den Ausfall. Staatsgarantien vergrössern risikolos private Vermögen auf Kosten der Staatshaushalte. Besonders die ganz grossen deutschen Banken nutzen das Damokles-Schwert “to-big-to-fail” für Gewinn-Maximierungen.
Besonders erschreckend erschien dem Referenten die personelle Durchdringung von Finanz-Industrie und Politik. Anregend und kontrovers – wer mag kann nachlesen: www.tagesspiegel.de
Aufnahmen: Petra Dahmen
Die Diskussion war um weitere Fallbeispiele nicht verlegen. Und doch – ob wir das Thema ganz überblicken, muss offen bleiben… Mehr als einen Leser hat Harald Schumann gewiss gewonnen!
Was wir dagegen tun können: Harald Schumann verwies auf die Aufklärungsarbeit “Attac”, schlug vor, bei den Genossenschaftsbanken Konten zu eröffnen, da diese in keinem Zusammenhang stehen mit dubiosen Geschäften oder bei Banken-Rettungen aufgefallen sind. Auch plädierte der Redner für mehr Demokratie, das Gespräch suchen mit den gewählten Abgeordneten.
Stefan Hain

Alberto Giacometti „Ursprung des Raumes“ Kunstmuseum Wolfsburg – Rundgang mit Prof. Dr. Markus Brüderlin, Direktor
KulturTermin, 12. Februar 2011
Wolfsburg ist für CBE das kleine Auswärtsspiel – liegt allein eine ICE-Stunde entfernt . Das Museum ist heute eines der interessantesten, wo Ausstellungen sich nicht im Monographischen erschöpfen, wo nicht der Künstler in einer One-man-Show abgefeiert, dem antiquierten (Künstler =Genie)-Kult gehuldigt wird. Kunst wird auf hohem Niveaiu präsentiert, nicht Unterhaltungskost geboten.
Als Stadt mit Figuren erfahrbar: die gelungene Werk-Präsentation
Markus Brüderlin erläutert mit Charme die Schwierigkeit bei diesem “harten Knochen” Alberto Giacometti.
Markus Brüderlin überrascht stets durch thematisch konzipierte Ausstellungen, aktuell mit Werken von Alberto Giacometti. Konzis werden seine Skulpturen unter dem Raum-Aspekt großartig und neuartig präsentiert. Giacomettis Figuren sind Raum heischend und fokussieren Raum auf einen Punkt – beides durch physisch-existentielle Präsenz.
Das Kunstmuseum Wolfsburg (ein großer hoher Leerraum) wird mit Wänden zur Stadt gestaltet samt Strassen, Innen-Räumen und offenen Plätzen, mit Vitrinen und Durchblicken. Durch diese intelligente und sinnliche Gestaltung werden Giacomettis Figuren neu erfahrbar. Zugleich werden einzelne Skulpturen in lichtdurchflutete Räume gestellt, wo plötzlich gross und klein, Nähe und Ferne relativ und widersprüchlich werden.
Alberto Giacometti, der in Paris arbeitete, aus dem schweizerischen Bergell stammt, war ein besessener Formulierer, ein begnadeter Plastiker, der zwischen Leere und Präsenz Figurales schuf. Die Ausstellung zeigt die Position der Figur in der ‚Leere’, wie das Raum-Erfüllen, die Präsenz von Figur wie Schauspieler auf einer großen, leeren Bühne.
Hinfahren und Ansehen! – Worte verbleiben dürre Hilfsmittel, sind einfach unzureichend! Die „Retrospektive des reifen Werkes“ wird bis 6. März 2011 gezeigt.
Jeannot Simmen
Aufnahmen: Kunstmuseum Wolfsburg und Petra Dahmen

Ausstellung ABSALON (Kunstwerke Auguststrasse), Rundgang mit Susanne Pfeffer
KulturTermin, 4. Februar 2011
Unter der Regie von Susanne Pfeffer (Lunchspeakerin CBE 2007) entstehen in den Kunstwerken (KW Auguststrasse) „mit atemberaubender Geschwindigkeit“ (FAZ) interessante und kluge, präzise wie auch anschauliche Ausstellungen.
Absalon mit CBE-Kunstfreunden – vorn Mitte: Susanne Pfeffer im Gespräch mit Jeannot Simmen
Die Arbeit der Documenta – vorgestellt und präsentiert von Susanne Pfeffer, Kuratorin Kunstwerke Auguststrasse KW-Berlin
ABSALON (mit 28 Jahren gestorbener israelischer Künstler, in Paris tätig bis 1993) schuf ein schmales, doch hochkonzentriertes Werk von minimaler Prägung. 1992 international präsentiert auf der Documenta von Jan Hoet.
Ausgebreitet auf allen Stockwerken der KW-Auguststrasse finden sich in der großen Halle ebenerdig Modell-Häuser, besser karge Single-Behausungen, bestimmt für verschiedene europäische Städte. Bett, Tisch, Küche/Nasszelle sind auf engstem Raum gedrängt bei diesen Wohnzellen. Im nächsten Stock finden sich Kapseln, veranschaulichen den Platz für einen menschlichen Körper. In den oberen Stockwerken findet sich das Formenarsenal, wird die intensive Suche von ABSALON nach neuen, nach anderen Raumformen gezeigt.
Eine gelungene Wieder-Entdeckung – jenseits vom malerisch Simplen und skulptural Verquasten
Jeannot Simmen
Photos: Petra Dahmen

Constanze Kurz: Der Spion in meiner Tasche
Gabeln, 20. Januar 2011
Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs und Informatikerin an der Humboldt Universität, war unser Gast bei der 1. Gabelei im Neuen Jahr. Frau Kurz berichtete über die neuesten Entwicklungen, Vorteile und Gefahren der Mobiltechnologie und der Club-Bel-Etage war aufregenden politischen Entscheidungen so nah wie noch nie: Während im Bundeskanzleramt die Koalitionsspitzen über die Vorratsdatenspeicherung berieten, erhielten wir zeitgleich Fachinformationen aus erster Hand.
Jeannot Simmen begrüsst und stellt vor

Constanze Kurz präsentiert souverän
Stefan Hain leitet die interessante Diskussion
Verortung, ist ein Thema, das die Zivilgesellschaft interessieren muss: Fast jeder von uns ist mittels eines (oder mehrerer) Handys mobil erreichbar – aber und das erläuterte uns Constanze Kurz so detailliert wie charmant – auch ortbar. Die Sicherheitslücken im Übertragungsprotokoll GSM sind schon lange nicht mehr nur für Geheimdienste nutzbar, auch Private können mit geringem Aufwand unsere Handys in vielfältiger Weise „anzapfen“ und die Ortungsmöglichkeiten werden mit den sich abzeichnenden technischen Fortentwicklungen noch verbessern: Zentimetergenau lassen sich dann die Handybesitzer virtuell und real verfolgen.
Viel Stoff für die im Anschluss an das Referat geführte Diskussion. Wir waren Constanze Kurz für eine so kompetente Einführung dankbar. Sie hat Leser gewonnen nicht nur für ihre Bücher, sondern auf für ihre regelmäßig in der FAZ erscheinende Kolumne: Aus dem Maschinenraum !
Aufnahmen: Petra Dahmen, Jeannot Simmen

Zweite Extrem-Lesung im Schnee: Hotel Fex, Fextal (Engadin, bei St. Moritz, CH)
KulturTermin: 31. Dezember 2010
Ein Dutzend ZuhörerInnen, immerhin! Hoch in den Bergen: 2000 M.ü.M, Naturschutzgebiet, erreichbar nur mit 1,5 Stunden Fussmarsch bergwärts oder mit PferdeSchlittenKutsche ab Sils-Maria (via St. Moritz). Das Hotel Fex ist das letzte Haus im Tal, das bewohnt und bespielt wird, dahinter im Winter nur Schnee, Schnee, Schnee.
Hotel Fex, Blick talwärts mit Clubhund Bilha (Canaan)
Gelesen wird auf der Terrasse, die eben noch in der Wintersonne lag, Sonne weg: Temperatur-Sturz, Beginn bei Minus 10 Grad Celsius und stets kalt und kälter. Extrem-Lesung: gegen kalte Nase, gegen klamme Finger, die gefroren, die Buchseiten kaum blättern können. Der Frost kriecht in den Körper von unten hoch. Steh in der Ecke der kleinen Terrasse, die ZuhörerInnen eingemümmelt in langhaarigen Fellen sind aufmerksam und durchaus beschwingt. Kälte macht wach und kirre.
Jeannot Simmen liest vor Schneekulisse bei Minus-Temperaturen
Wahnsinn, ein Berlin-Buch hier in den Schweizer Alpen vorzutragen, absurd von der Millionenstadt Berlin, dem geordneten Riesen-Steinhaufen in einem Tal mit gerade mal 80 Einwohnern aber grandioser Schnee- und Berg-Kulisse zu erzählen.
Bilder und Auszug der Lesung auf 2000 M.ü.M Hotel Fex auf youtube – mit einem Klick sind Sie in der verschneiten Alpenkulisse, im Engadin, Graubünden. Lernen ein wunderbares Hotel kennen, wir planen für den Sommer den nächsten Aufenthalt im Hotel Fex.
Jeannot Simmen VOM NARRENHAUS WESTBERLIN ZUR KUNST-METROPOLE EUROPAS BERLIN-2010.EU
Mit einem Photo-Essay von Thorsten Heinze
96 Seiten, viele Abb., gebunden
Verkaufspreis € 19,50
ISBN 978-3-00-030055-4
Bestellungen: dahmen@club-bel-etage.de
Ansehen & Kaufen:
Autorenbuchladen Savignyplatz, Fürst & Iven
Akademie der Künste, Pariser Platz und Hansaplatz
Bücherbogen am Savignyplatz, S-Bahn-Bogen, 593, 10623 Berlin
Walter König, Niederkirchner-Str. 7, 10963 Berlin / Köln