Jeannot Simmen: WunschZettel: Berliner Kunsthalle
10.03.2008Kein Gremium, kein Ausschuss, kein Vorstand, kein Triumvirat, kein Duo soll dem Kurator reinreden oder gar mitbestimmen!
Wünsche einen Kurator als Einzeltäter, als den verantwortlichen Querschläger, bodenständig und eigen wie der urchige Harald Szeemann (Gott sei ihm selig – ich verneige mich!). Gesucht ein kommunikativer und verbal überzeugender, doch souverän entscheidender Ausstellungsmacher.
Kein netter geschniegelter „Curator“, der flott und wellageföhnt es jedem ‘recht’ macht.
Wunsch: ein intelligenter und sinnlicher Ausstellungsmacher. Ein Macher von Ausstellungen, ein Ausstellungsmacher mit Kanten/Ecken.
Kein Dienstleister für die Künstler, keiner der nur vorhandene Stränge aufnimmt und neuordnet. Kein Präsentator von Künstler-Stars odere Star-Künstler.
Wünsche: der/die Macher/in, die/der Künstler oder Künstlerin herausfordert und antreibt, diese zu neuen Kunst-Experimenten diskursiv an- und verleitet, der thematisch denkt und neue Ideen realisiert.
Kein Kurator, der mit den Ohren ‘schaut’ und das Gängige nachplappert. Keiner, der Banales breit tritt. – Keiner, der mit Künstlern und ihren privaten, expressiven Weltschmerz Wehwehchen weihevoll nervt. – Keiner der bunte Farbenorgien in gestrigen Formen uns als Avantgarde von Morgen serviert.
Bitte: Eine Kunsthalle für die Kunst, keine für die Selbst-Darstellung des Kurators.
Kein Ort, der Häppchen- und Salonkultur, von Geschwätz in Bildern, bei Betrachtern.
Gewünscht: ein gewaltiger Raum von vibrierender Spannung, die mich als Betrachter fordert/ärgert, neue, visuelle Experimente demonstriert – auch und gerade gegen meine tradierte Erfahrung!
Keine Anstalt kommerzieller Galerie-Spekulationen, herumwedelnder Galeristen.
Wünsche: Ästhetische Moderne und ästhetischer Mehrwert.
Keine Sponsoren-Kunsthalle, die profitfreundlich und abhängig ist von Sammlern oder Galeristen oder von einem Investor. Keine Kunsthalle, die Betteln muss, Sponsorensuche ist allein ein Euphemismus für: Klinkenputzen und Schnorren auf krawattiertem Niveau.
Wünsche vom Senat ein anständiges Budget für eine Kunsthalle, damit der Ausstellungsmacher nicht mehr Zeit fürs Betteln und Hofieren, fürs Bücken und Dankeschön-Sagen verliert, als für das Ausstellungsmachen investiert!
Jeannot Simmen: Coole Kunst // smarte Künstler Berlin Biennale 5: Abundanter Diskurs im Vagen